~~Title: Partizipation~~
====== Partizipation ======
Partizipation ist ein Grundrecht und eine Haltung, die den pädagogischen Alltag prägt. Kinder haben das Recht, an allen Entscheidungen beteiligt zu werden, die sie betreffen, unabhängig von Alter, Sprache oder Entwicklungsstand.
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===== Einblick in die Geschichte =====
Die Idee, Kinder aktiv einzubeziehen, geht auf die Reformpädagogik des 20. Jahrhunderts zurück. Pädagog:innen wie Maria Montessori, Célestin Freinet und John Dewey betonten, dass Kinder nicht belehrt, sondern beteiligt werden sollen.
In der Reggio-Pädagogik wurde dieser Gedanke besonders lebendig. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Reggio Emilia (Italien) eine Bewegung, die Bildung als gesellschaftlich-demokratisches Projekt verstand.
Die Stadt wollte eine Pädagogik entwickeln, die Kinder als Bürger:innen von heute sieht nicht als zukünftige Erwachsene. In diesem Geist wurde Partizipation zum Herzstück dieser pädagogischen Philosophie. Kinder gestalten Räume, Themen und Projekte mit. Sie werden als Forscher:innen, Gestalter:innen und Mitdenkende gesehen und erleben, dass ihre Stimme zählt.
**Demokratie beginnt dort, wo Kinder gefragt, gehört und ernst genommen werden**.
In Deutschland ist die Beteiligung von Kindern in Bildungseinrichtungen verpflichtend.
Das SGB VIII (§45 Abs.2 Nr.3) schreibt vor, dass jede Konzeption Regelungen zur Beteiligung und Beschwerde enthalten muss.
Auch die UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 12) verpflichtet Einrichtungen, Kinder ihrem Alter und ihrer Reife entsprechend an allen sie betreffenden Entscheidungen einzubeziehen.
Kinder lernen Demokratie nicht durch Erklärungen, sondern durch Erfahrung. Wenn sie mitbestimmen, wie der Tag verläuft, welche Projekte entstehen oder wie Regeln aussehen, erleben sie Selbstwirksamkeit, Verantwortung und Gemeinschaft.
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===== Demokratie in der pädagogischen Praxis =====
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Partizipation bildet die Grundlage für gelebte Demokratie. Wenn Kinder erleben, dass ihre Meinung zählt, lernen sie Verantwortung, Rücksicht und Kompromissfähigkeit. Fähigkeiten, die demokratisches Denken wachsen lassen.
Partizipation ist dabei eng mit den Kinderrechten verknüpft.
Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention betont das Recht jedes Kindes, seine Meinung in allen es betreffenden Angelegenheiten frei zu äußern – und dass diese Meinung angemessen berücksichtigt wird.
Pädagogische Fachkräfte tragen somit eine doppelte Verantwortung: Sie setzen nicht nur einen pädagogischen Ansatz um, sondern verwirklichen aktiv ein grundlegendes Menschenrecht.
Demokratie beginnt im Kleinen, z.B. beim Anziehen, Essen, Spielen oder im Morgenkreis. Jede Alltagssituation kann ein Lernfeld sein, wenn Kinder in Entscheidungen einbezogen werden.
Welche Materialien wollen wir nutzen? Wie gestalten wir den Gruppenraum? Wie lösen wir Streit, wenn Wünsche auseinandergehen?
Diese Momente sind kein Zusatzangebot, sondern gelebter Alltag. Pädagogische Fachkräfte begleiten Kinder darin, ihre Gedanken zu äußern, Lösungen zu finden und Verantwortung zu übernehmen.
Partizipation heißt nicht, dass Kinder immer alles entscheiden, sondern dass sie verstehen, wie Entscheidungen entstehen und dass ihre Meinung Bedeutung hat.\\
Pädagogische Fachkräfte, die ein modernes Bild vom Kind vertreten, begegnen ihm mit Vertrauen und Zutrauen. Sie gehen davon aus, dass jedes Kind fähig ist, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und aus Erfahrungen zu lernen.
In einer modernen Pädagogik bedeutet Partizipation, Kinder als Expert:innen ihres eigenen Lebens ernst zu nehmen. Sie dürfen mitbestimmen, mitgestalten und mitentscheiden. Nicht, weil Erwachsene ihnen das „erlauben“, sondern weil ihre Perspektive wertvoll ist und die Gemeinschaft bereichert.
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===== Partizipation aus der Praxis, für die Praxis =====
**Theorie wird lebendig, wenn sie im Alltag erfahrbar wird**. Exklusiv für dich freigeschaltet!
Partizipation und Demokratie sind keine Themen, die sich allein theoretisch erfassen lassen, sie müssen gelebt, ausprobiert und reflektiert werden.
Damit Du Dir ein noch klareres Bild davon machen kannst, wie Kinder demokratische Teilhabe im Kita-Alltag erleben können, findest Du im geschützten Bereich praxisnahe Beispiele, Impulse und Umsetzungsideen.
**Einblicke in gelebte Demokratie und weitere Beteiligungsformen.**
Dort bekommst du konkrete Anregungen, wie Beteiligungsstrukturen in Kitas wachsen können. Von der ersten Abstimmung bis hin zu kontinuierlichen Mitbestimmungsformaten.
Die Beispiele zeigen, wie Demokratie in den pädagogischen Alltag integriert werden kann, ohne künstlich zu wirken.
Diese Praxisbeispiele unterstützen Dich dabei, den demokratischen Gedanken in Deiner Einrichtung weiterzuentwickeln und nachhaltig zu verankern.
Sie sind exklusiv für eingeloggte Nutzer:innen zugänglich und bieten Dir wertvolle Impulse für eine moderne, partizipative Pädagogik.
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===== Demokratische Kultur gestalten =====
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Die Umsetzung von Partizipation hängt entscheidend von der Haltung der pädagogischen Fachkraft ab. Sie ist Vermittlerin zwischen den Bedürfnissen der Kinder und den Rahmenbedingungen der Einrichtung.
Partizipation verlangt, dass pädagogische Fachkräfte Kontrolle abgeben, zuhören, aushalten und Vertrauen schenken. Sie schaffen Räume, in denen Kinder sich sicher fühlen, ihre Meinung äußern können und erleben, dass ihre Beiträge ernst genommen werden.
Pädagogische Fachkräfte sind damit Gestalter:innen einer demokratischen Kultur. Ihre Aufgabe ist es, Beteiligung nicht zu ermöglichen, sondern selbstverständlich zu machen. Dazu gehört, die eigenen Entscheidungsverhältnisse zu reflektieren, z.B. Wo bestimme ich zu viel? Wo lasse ich Raum?. Sie gestalten zudem eine Atmosphäre, in der Kinder sich sicher fühlen, ihre Meinung äußern können und erleben, dass sie etwas bewirken.
Das braucht Vertrauen und Achtsamkeit.
Eine professionelle Haltung zeigt sich darin, Kinder nicht „beteiligen zu lassen“, sondern Beteiligung als Grundprinzip des pädagogischen Handelns zu verstehen.
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===== Kinderkonferenz und Kinderparlament – gelebte Mitbestimmung =====
**Mitreden, mitgestalten, mitentscheiden. Echte Beteiligung braucht Raum.** Exklusiv für dich freigeschaltet!
Kinderkonferenzen und Kinderparlamente sind zentrale Orte demokratischer Bildung im Kita-Alltag. Hier erleben Kinder, dass ihre Stimme zählt – dass sie gehört, ernst genommen und in Entscheidungen einbezogen werden.
Damit Du einen lebendigen Eindruck davon bekommst, wie diese Beteiligungsformen in der Praxis aussehen können, findest Du im geschützten Bereich konkrete Beispiele, Impulse und Anregungen aus dem Alltag verschiedener Einrichtungen.
**So entsteht Demokratie. Schritt für Schritt, im echten Leben.**
Die Einblicke zeigen, wie Kinder Verantwortung übernehmen, Kompromisse aushandeln und gemeinsame Lösungen entwickeln können. Vom ersten Gruppengespräch bis zum etablierten Kinderparlament – hier wird deutlich, wie Beteiligung wächst und sich verankert.
Diese Praxisbeispiele helfen Dir, Kinderkonferenzen und Kinderparlamente in Deiner Einrichtung lebendig werden zu lassen. Als festen Bestandteil einer modernen, partizipativen Pädagogik.
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===== Teilhabe im pädagogischen Alltag? =====
Demokratie zeigt sich in den kleinen Momenten. Wenn Kinder selbst Entscheidungen treffen dürfen, erleben sie Verantwortung, Selbstwirksamkeit und Vertrauen.
Die folgenden Beispiele laden Dich dazu ein, Deinen pädagogischen Alltag zu hinterfragen, z.B. Wie oft entscheiden Kinder wirklich mit und wo entscheide ich noch für sie?
*Kinder entscheiden unabhängig vom Wetter, ob sie drinnen oder draußen spielen möchten
*Beim Mittagessen dürfen Kinder selbst bestimmen, wie viel sie essen und ob sie etwas probieren wollen
*In der Ruhephase können Kinder wählen, ob sie schlafen, lesen oder leise spielen
*Kinder stimmen gemeinsam ab, welches Lied, Spiel oder Bewegungslied sie im Morgenkreis machen
*Im Atelier dürfen Kinder Materialien eigenständig wählen und entscheiden, wann ihr Werk „fertig“ ist
*Bei Streitfragen werden Lösungen gemeinsam verhandelt, statt von Erwachsenen vorgegeben
*Kinder gestalten Regeln sichtbar an der Wand mit Bildern oder Symbolen
*Das Team plant mit den Kindern, welches Projekt als Nächstes erforscht werden soll
*Kinder werden einbezogen, wenn es um Raumveränderungen oder neue Möbel geht
*Auch bei Alltagsfragen wie „Brauchen wir heute Gummistiefel?“ dürfen Kinder selbst Erfahrungen machen und daraus lernen
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===== Haltung zeigen und Partizipation reflektieren =====
Echte Partizipation beginnt mit Selbstreflexion. Exklusiv für Dich freigeschaltet!
Demokratie in der Kita zu leben bedeutet auch, die eigene Haltung regelmäßig zu prüfen!
Wie offen sind wir wirklich für Mitbestimmung? Wo setzen wir sowohl bewusst als auch unbewusst Grenzen?
Und wie gelingt es uns, im Team eine gemeinsame Sprache für Partizipation zu finden?
Im geschützten Bereich findest Du dafür ein Reflexions-Tool als Download, das Dich und Euer Team unterstützt, diese Fragen gezielt zu bearbeiten.
Es enthält Fragen zur persönlichen Haltung, Teamreflexionen und Impulse zur Qualitätsentwicklung, sofort einsetzbar für Teamsitzungen, Konzepttage oder kollegiale Austauschrunden.
**Ziel:** Bewusstsein schaffen, Perspektiven öffnen und Demokratie als Haltung im Alltag verankern.
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Diese Materialien sind exklusiv für eingeloggte Nutzer:innen zugänglich und helfen Dir, Partizipation nicht nur zu „machen“, sondern tief zu verstehen und stetig weiterzuentwickeln.
===== Download =====
Der Bogen zur **Selbstreflexion** wurde von mir selbst entwickelt, ausgehend von meiner Überzeugung, dass professionelle pädagogische Arbeit mit der eigenen Haltung beginnt. Ich glaube, dass es in der heutigen pädagogischen Praxis wichtiger denn je ist, regelmäßig innezuhalten und das eigene Denken, Fühlen und Handeln bewusst zu betrachten.
Dieses Dokument lädt dazu ein, die eigene pädagogische Haltung zu reflektieren, Fragen an sich selbst zu stellen und die eigene Rolle im Bildungsprozess klarer zu erkennen.
Ein wertvolles Werkzeug, um die eigene Praxis bewusster, achtsamer und authentischer zu gestalten.
**Vorlage zum Download:** \\ {{:fruehkindliche-bildung:selbstreflexion-partizipation.pdf |}}
Auch der Bogen zur **Teamreflexion** ist von mir selbst entwickelt worden. Entstanden ist er aus der Erfahrung, dass Teamarbeit dann am stärksten wirkt, wenn sie auf gemeinsamen Werten, Offenheit und Dialog beruht.
Der Bogen bietet eine strukturierte Grundlage, um im Team über pädagogische Haltungen, Kommunikationswege und gemeinsame Zielsetzungen ins Gespräch zu kommen.
Er unterstützt dabei, sich gegenseitig zuzuhören, Unterschiede als Ressource zu sehen und gemeinsam an einer klaren, stimmigen pädagogischen Ausrichtung zu arbeiten.
**Vorlage zum Download:** \\ {{ :fruehkindliche-bildung:teamreflexion-partizipation.pdf |}}
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===== Quellen & weiterführende Lesetipps =====
* Annedore Prengel, **„Bildungsteilhabe und Partizipation in Kindertageseinrichtungen“**, Fachtext, 2016, [[https://www.pedocs.de/volltexte/2024/28524/pdf/Prengel_2016_Bildungsteilhabe.pdf?utm_source=chatgpt.com|PDF herunterladen]]
* Ina- Marie Abdeck, Alioscha Jegodtka, Corinna Schmude, **„Partizipationsmöglichkeiten von Kindern in gruppenpädagogischen Settings Eine empirische Untersuchung von Partizipation als Schlüsselelement einer inklusiven Alltagsgestaltung in Kindertageseinrichtungen**“, Frühe Bildung, 2023, [[https://search.worldcat.org/de/title/9816697379|WorldCat Link]]
* Ulrike Pohlmann, Armin Schneider, Carmen Jacobi-Kirst, **„Demokratie von Anfang an Partizipation leben in der KiTa**“, Verlag Barbara Budrich, 2024, [[https://search.worldcat.org/de/title/1410396598|WorldCat Link]]
* Giovanna Debatin, **„Frühpädagogische Konzepte praktisch umgesetzt: Partizipation in der Kita**“, Cornelsen Scriptor, 2017, [[https://search.worldcat.org/de/title/1043912167|WorldCat Link]]
* Eva Reichert-Garschhammer, Christa Kieferle, Monika Wertfein, Fabienne Becker-Stoll, **„Inklusion und Partizipation- Vielfalt als Chance und Anspruch**“, V&R, 2015, ISBN: 978-3-525-70173-7 [[https://search.worldcat.org/de/title/898300930|WorldCat Link]]
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